Die Puppe in der Puppe ist seit vielen Jahren unverwüstlich. Es scheint, als wäre sie schon ewig alt, aber die kleine lächelnde Dame gibt es gerade mal 100 Jahre. Ursprünglich stammt sie aus Japan. Dort hieß sie Fukorokuju. Ein russischer Kunstmäzen brachte sie 1890 in seine Heimat und beauftragte Künstler damit, etwas Ähnliches zu machen. So wurde die Puppe in der Puppe schließlich zu einem Symbol für Russland und ist unter dem Namen Matrjoschka als Touristensouvenir sehr beliebt.


Das liegt vielleicht daran, dass sie ein Symbol ist, das eine tiefe weibliche Weisheit verkörpert. Sie trägt neues Leben in sich. Die neue Puppe birgt das gleiche Geheimnis, und so geht es weiter, bis eine klitzekleine Puppe zum Vorschein kommt. Sie ist das allerletzte Geheimnis: winzig und wunderschön. Für mich ist sie die Essenz in jeder Frau – die Göttin.
Zu ihr nimmst du Kontakt auf, wenn du in dich hineinhorchst. Von weit her, durch all deine Gedanken, Gefühle und Träume, durch unbewusste Schichten sendet sie dir Botschaften. Je näher du ihr kommst, je bewusster du wirst, desto deutlicher erkennst du deine Stärken und Talente. So wächst dein Mut, zu dir zu stehen und dich zu zeigen. Die innere Göttin führt dich zu deinen zukünftigen Möglichkeiten und offenbart dir dein Potenzial. Im Mythos großer Schöpfungsgöttinnen kommt es sogar vor, dass sie ganz aus sich selbst heraus mit ihrer pathogenen Kraft – also ohne Mann – ein besonderes Kind bekommen können. Das ist meistens eine Tochter.


Da Symbole viele Deutungen zulassen, gibt es auch eine andere Sichtweise: Die äußere Puppe ist für alle sichtbar – das bin ich! Meine Mutter ist ganz nah bei mir, sie hat mich geboren. Meine Großmutter lebt in meiner Erinnerung. Von meiner Urgroßmutter, der Großmutter meiner Mutter, habe ich nur gehört. Dann verblasst schon die Erinnerung, denn von meinen Urgroßmüttern kenne ich nur noch die Namen. Die Mutterlinie ist unantastbar und geht weit zurück – viel weiter! Sie führt zu meiner und deiner Urahnin – der Quelle unseres Lebens.
Du hast die entdeckt, und nun ruht sie winzig klein in deiner Hand. Sie ist erstaunlich kompakt. Doch das passt: Denn sie symbolisiert die geballte weibliche Energie der Göttin.
Schon vor tausenden von Jahren haben Frauen kleine Göttinfiguren, die gut in die Hand passen, nah am Körper getragen. So erinnerten sie sich immer an ihren göttlichen Ursprung und die ungebrochene weibliche Kraft, die in ihnen wohnt. Sie konnten über sich hinauswachsen und Mut für neue Wege finden.

Jetzt kehrt die Göttin zurück in unsere Welt. Denn in dieser Zeit der Wandlung brauchen wir die Weisheit und Liebe, das weiche, starke Herz der Frauen, um das Leben zu schützen.
Aus dem Buch:
‚Die weibliche Kraft kehrt zurück – die Magie des Kreises“ von Jutta Westphalen
